Handhabungstechnik
Saugen statt Heben
Bei Kaco new energy ist der Name Programm. Das Neckarsulmer Unternehmen hat sich innerhalb weniger Jahre zu einem weltweit führenden Hersteller von Photovoltaik-Wechselrichtern und Monitoring-Zubehör entwickelt. Um dem wachsenden Geschäft und den Herausforderungen hinsichtlich Wettbewerb und Produktionseffizienz gerecht zu werden, entschloss sich die Geschäftsleitung 2010 zum Bau einer neuen Fabrik. Seit Mai 2011 entstehen in diesem Werk hauptsächlich Drehstrom-Wechselrichter der TL3-Serie. Laut eigener Aussage handelt es sich um eine der modernsten Wechselrichter-Fertigungen weltweit mit weitreichender Prozessautomatisierung, Umstellung auf auftragsbezogene Fertigung und Just-in Time-Lagerhaltung. Das neue Werk hat eine Produktionskapazität von vier Gigawatt. 30 Prozent der Produkte exportiert Kaco new energy ins Ausland – Tendenz steigend.
Unterschiedliche Stromnetze und Sicherheitsbestimmungen von Land zu Land führen zu einer hohen Komplexität. Um diese in den Griff zu bekommen, setzt das Unternehmen auf Customizing. Die Wechselrichter können wie ein Baukasten flexibel dem Kundenwunsch angepasst werden. Je später diese Spezifizierung in der Produktion erfolgt, desto wirtschaftlicher ist der gesamte Prozess. Dazu wurde die Produktion konsequent auf eine auftragsbezogene Fertigung ausgerichtet und auf zwei Ebenen angeordnet: Oben werden ausschließlich neutrale Baugruppen gefertigt, vormontiert und gepuffert. Erst wenn der Kunde bestellt, finden auf der unteren Ebene das Customizing und die Endmontage der Wechselrichter nach seinen Wünschen statt. Direkt im Anschluss werden die Geräte verpackt, kommissioniert und versandt. So konnte Kaco eine Auftragsdurchlaufzeit von nur zwei Tagen erreichen.
Diese geringe Durchlaufzeit erfordert einen reibungslosen innerbetrieblichen Materialfluss. Der Transport der Wechselrichter innerhalb des Produktionsprozesses geschieht daher vollautomatisiert auf einem Werkstückträger. Ausnahme ist das Customizing, bei dem Kaco weiterhin auf das Know-how und die Erfahrung seiner Mitarbeiter setzt. Das bedingt, dass auch die Handhabung der Wechselrichter manuell erfolgt. Bis zur Konfektionierung werden die neutralen Baugruppen im automatischen Hochregallager gepuffert und bei Auftragseingang an die Customizing-Linie abgegeben. Für die letzten Arbeitsschritte müssen die 690 mal 420 mal 200 Millimeter großen und 40 Kilogramm schweren Geräte angehoben und anschließend im Verpackungskarton abgelegt werden. Ein weiterer Hebevorgang ist im Versandbereich erforderlich, wo die verpackten Wechselrichter palettiert werden. 40 Kilogramm sind in der Leistungsklasse der TL3-Geräte zwar vergleichsweise wenig, dennoch konnte und wollte das Unternehmen seinen Mitarbeitern diese Belastung nicht zumuten. Bei der Suche nach einer integrierten Systemlösung erhielt Schmalz den Zuschlag.
Vakuum-Handhabung entlastet Mitarbeiter
Für das Handling der Wechselrichter beim Customizing wurde jeweils am Ende der beiden Linien ein Kran mit Vakuum-Schlauchheber JumboErgo von Schmalz positioniert. Die neutrale Baugruppe wird zunächst vom Werker auftragsbezogen bestückt, geprüft und endmontiert. Um die Schutzverpackung anbringen zu können, hebt der Werker den Wechselrichter mit dem Vakuum-Schlauchheber an, während ein zweiter Mitarbeiter die beiden Styropor-Teile aufsteckt. Anschließend setzt er den Wechselrichter in dem bereitstehenden Verpackungskarton ab. Nach dem Verschließen gelangt dieser über die Rollenbahn in den Versandbereich. Dort setzt Kaco drei weitere Vakuum-Schlauchheber ein, um die verpackten Wechselrichter auf Paletten zu kommissionieren. Dazu entnimmt der Werker die Pakete mit dem Vakuum-Schlauchheber vom Band und setzt sie auf einer bereitstehenden Palette wieder ab. Größere Aufträge werden für den Versand per Lkw direkt kommissioniert, kleinere Aufträge kommen über eine zentrale Sammelstelle im Nachbarwerk zur Auslieferung.
Die fünf Hebesysteme wurden als integrierte Arbeitsplatzlösung aus dem flexiblen Baukasten des Herstellers konfiguriert. Kernstück ist der JumboErgo für Traglasten bis 65 Kilogramm. Durch Evakuierung des robusten, mehrlagigen Hubschlauches saugt dieser die Last zuverlässig an und hält sie sicher fest. Für die stationsautarke Vakuum-Erzeugung sorgt ein direktgetriebenes, vier Kilowatt starkes Vakuum-Gebläse. Ein Staubfilter schützt das Gebläse vor Verschmutzung; eine Schalldämmbox verhindert überhöhte Geräuschentwicklung. Mit dem ergonomischen Bedienbügel des Schlauchhebers hat der Werker die Last stets sicher im Griff. Das Heben und Senken steuert er wie die Hubgeschwindigkeit über einen feinfühligen Drehgriff, ähnlich einem Motorrad-Gasgriff. Zum universellen Greifen der Geräte, Kartons und Werkstückträger genügt ein Doppelsauggreifer, der aus zwei Saugplatten und einer 400 Millimeter langen Traverse besteht und mittels Klemmhebel einfach verstellt werden kann. Die Saugplatten aus dem Werkstoff Perbunan passen sich mit ihrer flexiblen Dichtlippe gut dem gewölbten, teils strukturierten Gehäusedeckel an.
Die beiden Schlauchheber im Customizing-Bereich verfügen zusätzlich über ein Distanzelement, welches das Einfahren und zielgenaue Ablegen des Wechselrichters im Karton erleichtert.
Geführt werden die Vakuum-Schlauchheber an einem Säulenschwenkkran SK-JU. Die Krane dieser Serie wurden speziell für den Betrieb mit Vakuum-Schlauchheber entwickelt und konsequent auf Leichtbau getrimmt. Die sechs Meter lange Kranschiene und das Gleitlager mit 270-Grad-Schwenkwinkel sind aus Aluminium gefertigt und bieten große Bewegungsfreiheit bei geringem Kraftaufwand. Mit dem Gesamtsystem lassen sich die Wechselrichter von einer Bedienperson ergonomisch und rückenschonend handhaben. pb